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Dienstag, 17. Mai 2005
Freier -kreativer- Content vs einheitliches Outfit
Webworking
Im Zusammenhang des Kongress in Darmstadt kam zwischen einigen Teilnehmern eine Diskussionsfrage auf, die ich gern hier mal erörtern möchte.


Hintergrund:
Bei dezentralen Organisationen die über eigene unabhängig betriebene Webauftritte verfügen, aber auch bei zentral geführte Einheiten, die jedoch im Intranet Redaktionssysteme nach dem WIKI-Prinzip einsetzen läßt sich in letzter Zeit eine größere Publizierungsrate feststellen.
Aufgefallen ist mir dies insbesondere im Bereich der Intranets, wo man fast schon den Eindruck bekommen, die Leute hätten nur darauf gewartet:
Plötzlich werden Sachen publiziert, die sonst nie jemand auch nur im Gespräch erwähnt hätte. Eben weil es so einfach und schnell ("wiki") geht.
Die Leute scheinen quasi süchtig danach zu sein, zu publizieren. Etwas, was ich bei normalen Redaktionssystemen nur für kurze Zeit im Anschluss nach einem Kurs sehen konnte.


In dem Zusammenhang ein Zitat aus einem aktuellen Artikel der Technology News: Die Kondensation des Wissens von heise:
Der Erfolg der Wikipedia lässt immer mehr Unternehmen fragen, warum ihre IT-Systeme so kompliziert sind, wo es offenbar auch einfach geht. Wo schwerfällige und starr strukturierte Datenbankprogramme den unternehmensinternen Wissenstransfer mehr bremsen als fördern, versprechen "Enterprise Wikis" Bedienerfreundlichkeit und geringere Kosten.


Knapp gesagt:
Dort wo weniger restriktive Redaktionssysteme oder Publizierungsverfahren im Einsatz sind, erhalten die Leser der Webauftritte mehr Content als bei Webauftritten, die über ein eher geregeltes Verfahren (Redaktionelle Kontrolle) zur Publikation verfügen. Bei letzteren ist dafür aber auch die didaktische und sprachliche Qualität größer.

Die Frage ist nun aber:
Was ist nun für den Leser einer Webseite wichtiger:

Das Informationen schnell zugreifbar sind, auch bevor sie redaktionell aufbereitet sind, oder das die Informationen später kommen, dafür aber richtig eingeordnet und
sprachlich ok sind?

Hier kommt dann auch die Frage nach der Barriere:

Was ist die größere Barriere:
Sprachlich nicht korrigierter Content, der möglicherweise auch nicht richtig eingeordnet ist?

Oder
Sprachlich richtiger und korrekt in das CD eingeordneter Content, der aber erst sehr spät oder vielleicht sogar garnicht veröffentlicht wird?


Meines Erachtens ist zumindest ein Teilaspekt klar:
Keine Informationen über ein mich interessierendes Thema ist für mich eine größere Barriere als fehlerhafte.
Wie wirkt sich dies aufs Image des Sitebetreibers aus?
  • Wenn wichtige Informationen fehlen, von denen der Benutzer ausgehen kann, daß sie beim Betreiber vorliegt, kann das Image leiden.

    Beispiel: Wie wirkt es sich aus, wenn bei einem Online-Shop Informationen zum Datenschutz oder zur Art der Lieferung fehlen oder unvollständig sind?
  • Sind Informationen schnell und damit möglicherweise im falschen Design oder mit Tippfehlern verschandelt vorhanden, gewinnt der Leser wahrscheinlich einen negativen Eindruck. Das Image leidet.

    Beispiel: Bedienungsanleitung zu einem Gerät nur in einer mangelhaften Babelfisch-Übersetzung.

Diese Fragestellung verkürzt meines Erachtens auch die Sichtweise ein bischen zu stark: Direkter, kreativer Content, der nicht über redaktionelle Kontrolle reguliert wurde, muss nicht immer voller Tippfehler sein.
Im Gegenteil kann es auch vorkommen, daß Texte, die von einer technisch nicht ausreichend geschulten Redaktion so korrigiert werden, daß sie inhaltlich falsch werden. (Obwohl sie dann didaktisch sicher gut und verständlich klingen.)



Meines Erachtens kann man diese Problematik nicht zufrieden stellend lösen. Nur eines muss man festhalten: Es gibt keine Absolutaussage: Weder das eine, noch das andere ist immer richtig.
Wer also als Agentur oder Designer immer davon ausgeht, daß die Durchsetzung fester Regeln und Mechanismen zur Kontrolle eben jener absolut sind, muss mit Widerspruch und Problemen rechnen;
Es muss Ausnahmen geben. Das Design und das Konzept eines Webauftritts und dessen Verwaltungssysteme müssen sowas zulassen.

Ansonsten stellt man als Admin eines CMS irgendwann fest, daß man der einzige ist, der noch publiziert.

Der Erfolg eines Konzepts zur Pflege und Verwaltung eines Webauftritts kann anhand der Publikationsrate gemessen werden nach dem ersten Jahr, wenn der erste Enthusiasmus verflogen, niemand mehr die Mitarbeiter zur Nutzung pusht und die tägliche Routine eingekehrt ist.

Wer zudem noch ehrlich ist, sollte vor Einführung des Verwaltungskonzeptes noch die bisherige Publikationsraten messen um sie später mit der neuen vergleichen zu können...

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